FLEISCHPRODUKTION UND TIERMISSHANDLUNG

«Tiere sind meine Freunde,
und meine Freunde esse ich nicht!»
(George Bernard Shaw)

Die Frage, ob Fleisch an sich für den Menschen gesund ist oder nicht, mag in ernährungswissenschaftlichen Kreisen eine Streitfrage darstellen, doch in bezug auf den größten Teil des heute verkauften Fleisches läßt sich diese Frage unzweideutig beantworten, wenn wir untersuchen, unter welchen Bedingungen dieses Fleisch «produziert» wird, das heißt, was die Tiere und das Fleisch durchmachen, bevor sie – in schöner Verpackung getarnt – in der Einkaufstasche der Konsumenten landen.

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Das Mordsgeschäft der Fleischindustrie

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat die menschliche Profitgier auch auf die Fleischproduktion übergegriffen, was eine gesteigerte Massentierhaltung und eine intensive Mästung nach sich zog. Heutzutage stammen jährlich etwa 450 Milliarden Schlachttiere aus Massentierhaltung (Fische nicht mit eingerechnet).

Die Zeitschrift Stern machte diesen Massenkonsum von Fleisch im Mai 2010 (Ausgabe 22/2010) zu ihrem Titelthema. Unter der Überschrift «Esst weniger Fleisch! – Der Preis ist billig, aber das Fleisch ist schwach» wird ein ehemalig stolzer Fleischfachmann, Helmut Arms, zitiert: «In 40 Jahren haben es einige wenige Unternehmer erreicht, die Tiermast in eine ethisch verwerfliche, tierquälerische, unhygienische Massentierhaltung zu zwingen und uns Verbrauchern dieses Fleisch auch noch als bäuerliche Wertarbeit anzudrehen. Aber die Qualität sinkt und sinkt und sinkt noch weiter […] Normalerweise arbeiten Hersteller ständig an Verbesserungen ihrer Produkte. Nicht beim Fleisch.»

Die Zeitschrift Natur veröffentlichte über zwanzig Jahre zuvor, in ihrer Ausgabe 2/1987, einen bemerkenswerten Artikel mit dem Titel «Tierische Geschäfte», in dem bereits auf mutige Weise Zusammenhänge zwischen skrupellosen Pharmafirmen, Tiermästern und Schlachthöfen aufgedeckt wurden. Die Problematik der modernen Tierhaltung wurde in diesem Artikel folgendermaßen zusammengefaßt:

«Der Handelskrieg wird über den Preis geführt. Das scheint zunächst im Sinne der Verbraucher zu sein. Doch das Bestehen in diesem Preiskrieg ist nur bei massenhafter Serienproduktion möglich. Keine der Handelsketten kauft 50 Hähnchen beim Bauern ein – sie brauchen 50 000 pro Lieferung. Die ‹Produktion von tierischem Protein› in den Massentierhaltungen hat sich darauf eingestellt. Was der Verbraucher nun zwischen die Zähne bekommt, ist gewürzt mit Wachstumsförderern, Hormonen, Antibiotika und Beruhigungsmitteln. Im besten Falle erhält er billiges, nährstoffarmes, aufgeblasenes Fleisch – im schlimmsten Falle ist es vergiftet. […] Was in den Massentierhaltungen und Schlachthöfen geschieht, wird mühelos verdrängt.»

Und verdrängt wird vieles. Wenn ab und zu Beispiele für solche Mißstände durch die Medien publik werden, ist die Öffentlichkeit zutiefst schockiert. So schrieb das Magazin Der Spiegel (33/1988) in seiner Titelgeschichte «Die Schweinerei mit dem Fleisch»: «Die bundesdeutsche Landwirtschaft erlebt den größten Hormon-Skandal ihrer Geschichte. Illegale Händlerringe und gewissenlose Veterinäre verdienen an der Tiermast als ‹Mafia im Fleischgeschäft›. […] Unters Fell gespritzt und in den Futtertrog gekippt wird nahezu alles, was die Pharma-Industrie so produziert, um Rind, Schwein oder Huhn bis hin zur Schlachtbank auf den Beinen zu halten. […] Wenn Schweine, damit es sich lohnt, innerhalb von 180 Tagen zu Zwei-Zentner-Fleischbergen hochgepäppelt werden, wächst das Knochengerüst nicht schnell genug mit, die Tiere brechen unter dem eigenen Gewicht zusammen.»

Nach der Tötung der Tiere kommen viele weitere künstliche Substanzen ins Fleisch, angefangen mit chemischen Konservierungsmitteln, damit keine üblen Gerüche dem Käufer des oftmals tage- oder wochenalten Fleisches den Appetit verderben. Ein weiteres Problem ist die Farbe des ausgebluteten Fleisches, das in vielen Fällen gelblich oder grau-grünlich wird und deshalb nachträglich rot gefärbt werden muß, da es sonst nicht verkaufbar wäre.

Wie bereits erwähnt, enthält das Konsumfleisch auch noch viele andere naturfremde «Zutaten», welche das Fleischessen heutzutage immer mehr zu einem ernstzunehmenden Gesundheitsrisiko machen: Tierarzneimittel, Antibiotika (weltweit landet mehr als die Hälfte der Antibiotika-Produktion in den Tierställen; in Deutschland sind das jährlich 780 Tonnen), Rückstände aus dem Futter (z. B. Pestizide; Fleisch ist mit Abstand das pestizidbelastetste Nahrungsmittel), Hormone und Östrogene (als Muskelwachstumsförderer; diese sind zwar verboten, aber schwer nachweisbar).

Es sei hier nur an die aufsehenerregenden Dioxin-Skandale 1999 in belgischen Geflügelmastbetrieben und 2010/2011 in Deutschland oder an den sogenannten «Gammelfleisch»-Skandal Ende 2005 erinnert, bei dem verschiedene deutsche Fleischverarbeiter Schlachtabfälle und bereits verdorbenes Fleisch umetikettierten und als Nahrungsmittel verkauften.

Eine weitere, noch schwer abschätzbare Gefahr wurde am 8. Juli 2010 in der SWR-Sendung Odysso zur Sprache gebracht: gekühltes, vakuumiertes Rindfleisch, das mit einem bislang nahezu unbekannten Keim befallen ist: Clostridium estertheticum. Dieses höchst widerstandsfähige Bakterium, das einen ekelerregenden Geruch produziert, ist noch relativ unerforscht, es steht jedoch fest, daß es starke Gifte bildet.

Umstritten ist auch die Frage nach den Ursachen der BSE-Erkrankung, des sogenannten «Rinderwahnsinns» (bovine spongioforme Enzephalopathie). Geht sie darauf zurück, daß man an Rinder, die von Natur aus pflanzenfressende Tiere sind, Fleischmehl aus Schlachtabfällen verfüttert hat, oder war sie vielleicht eine «Nebenwirkung» gewisser Chemika-lien, die den Tieren zum Beispiel über Impfungen verabreicht wurden?

Zusätzlich zum Risiko, daß Fleisch alt oder «gepanscht» und mit vielen Chemikalien versetzt sein kann, muß immer mehr auch mit dem Vorhandensein verschiedenster Viren gerechnet werden, die zu Seuchen führen können, wie der in regelmäßigen Abständen auftretenden Maul- und Klauenseuche.

Weitere brisante Beispiele sind die sogenannte «Geflügelpest», die seit 2005 als «Vogelgrippe» bezeichnet wird, sowie die sogenannte «Schweinegrippe», die 2009/2010 zu einer weltweiten Pandemie-Panikmache führte. Was auch immer die Ursachen dieser «Grippen» sein mögen und was auch immer damit bezweckt wird – eines ist unbestreitbar: Wer unter diesen von Menschen verursachten bzw. inszenierten Problemen zuerst zu leiden hat, sind die Tiere. Immer wieder werden ganze Tierbestände «notgeschlachtet», manchmal sogar lebendig verbrannt oder in Massengräbern zugeschüttet. Ist das Fleischessen diesen ganzen «Menschenwahnsinn» wert?

Doch nicht nur Fleisch-, sondern auch Milchprodukte sind Teil des Risikos. So kam es im Juni 2005 in der Schweiz zu einer Verbreitung von Listeriose-Bakterien über Tomme-Käse, was zu gesundheitlichen Notfällen, Fehlgeburten und sogar zu Todesfällen führte. Bereits im Jahr 1987 waren in der Schweiz Menschen nach dem Verzehr von Listeriose-verseuchtem Käse ums Leben gekommen; viele Tonnen Käse mußten daraufhin vernichtet werden. Auch in Deutschland rief eine bekannte Discounter-Kette zu Beginn des Jahres 2010 verschiedene Käsesorten zurück, in denen erhöhte Listerienwerte festgestellt worden waren.

Aus ähnlichen Gründen fallen auch immer wieder riesige Fleischmengen durch die Kontrollen und müssen in der Folge «entsorgt» werden. Das heißt, was unter großer Tierqual und mit immenser Ressourcen-Verschwendung «produziert» wurde, wird am Schluß vernichtet.

Der amerikanische Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Isaac Bashevis Singer (1904-1991) war ein überzeugter Vegetarier. Als er einst beim Lunch Huhn ablehnte, bemerkte eine anwesende Frau zustimmend, ihre eigene Gesundheit habe sich deutlich verbessert, seit sie sich ebenfalls vegetarisch ernähre.

«Ich bin nicht um meiner Gesundheit willen Vegetarier geworden», erwiderte Mr. Singer, «sondern für die Gesundheit der Hühner.»

All diese Faktoren machen Fleisch, Fisch und Geflügel zu einem unberechenbaren Gefahrenherd für die menschliche Gesundheit. Warum aber hat keine staatliche Institution den Mut zur Aussage, daß der Verzehr von Fleisch zunehmend riskanter wird? Warum besteht die Schadensbegrenzung bis jetzt hauptsächlich im Töten von vielen Millionen von Tieren und in der Empfehlung, das «sichere» Fleisch der jeweils gerade nicht betroffenen Tierarten zu essen? Warum gab es bislang keine öffentlichen Empfehlungen, den Fleischkonsum generell zu reduzieren oder aufzugeben?

Erfreulicherweise wird in der Diskussion um die vielen Fleischskandale nun vermehrt der Vegetarismus als «Alternative» erwähnt, auch von den großen Medien. So schrieb die Zeitschrift Stern im Januar 2011 (Ausgabe 4/2011) auf ihrer Titelseite: «Fleischlos glücklich – Warum es heute hip ist, vegetarisch zu essen». Bereits in früheren Ausgaben hatte der Stern mehrfach die Themen Vegetarismus und Reduktion des Fleischkonsums aufgegriffen. Der Leitartikel der Ausgabe 4/2011 begann mit folgenden Worten: «Sind Vegetarier die besseren Menschen? […] – Fleischverächter gelten als cool und modern – und genießen Zuspruch wie nie». Im Artikel konnte man folgende, vor Jahren noch undenkbaren Zeilen lesen: «Viele von uns sind unsicher und einige fragen sich nun, ob Vegetarismus nicht doch der Ausweg aus den Lebensmittelskandalen ist. Ob Vegetarier keine Appetitverderber sind, sondern die wenigen, die noch mit Appetit essen können, weil sie sich darüber Gedanken machen, was sie essen. Ob man sich deshalb die Argumente der Vegetarier nicht doch einmal anhören sollte, bevor man das mit dem Dioxin so schnell wieder verdrängt wie damals den Skandal um das Gammelfleisch.»

Bereits im Herbst 2010 hieß es in den ARD-Tagesthemen (Sendung vom 25. Oktober 2010 im Rahmen der Themenwoche «Essen ist Leben»): «Galt der Vegetarier noch vor wenigen Jahren für viele als ein eher schrulliger Geselle, so essen nun immer mehr Tofu statt Tierschnitzel.» Auch Vegetarier Prof. Claus Leitzmann bemerkt: «Die Kritik ist verstummt. Die Zustimmung wird kommen.»

EM

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Tödliche Brutalität

Die offiziellen Zahlen der eigens für den menschlichen Verzehr geschlachteten Tiere sind ungeheuerlich: Allein in den USA werden für die Fleischerzeugung jährlich mehr Tiere getötet, als es Menschen auf der Erde gibt, nämlich über zehn Milliarden! In Deutschland (Stand 2009) verlieren pro Jahr rund 56 Millionen Schweine, 3,8 Millionen Rinder, 1 Million Schafe sowie über 600 Millionen Hühner und Enten ihr Leben, das sind insgesamt über 1,8 Millionen Tiere jeden Tag oder rund 1250 pro Minute – Tag und Nacht!

Alles in allem werden Jahr für Jahr weltweit über 50 Milliarden Stall- und Weidetiere für die fleischessenden Menschen geschlachtet, und die Zahl der jährlich getöteten Fische geht in die Billionen. (In diesen Zahlen sind die rund 300 Millionen Opfer der Tierversuche, die 5 Millionen Opfer der Jagd sowie die vielen Opfer der Pelzindustrie nicht mitgerechnet.) Unter dem Druck der ständigen Nachfrage nach immer billigerem Fleisch werden die Tiere heute nicht mehr als Lebewesen behandelt, sondern als Fleischmaschinen.

Ein «Mastkalb» wird heute gleich nach der Geburt von seiner Mutter getrennt und in engste Einzelhaft-Boxen eingesperrt, ohne daß es jemals ins Freie gehen oder Muttermilch kosten darf. Die Kälber können sich in den Verschlägen oftmals nicht einmal um die eigene Achse drehen. Dort wird es mit verschiedensten Medikamenten und «Ruhigstellern» vollgepumpt und fristet ein isoliertes, unwürdiges Dasein. Bei dieser industriellen Quälerei in den Tierfabriken sind nicht einmal Betäubungen vorgeschrieben, wenn beispielsweise Schweine kastriert, ihnen große Teile der Ohren beschnitten und die Zähne und Schwänzchen abgekniffen werden – es ist den Betreibern weder die Zeit noch das Geld wert. Unzweifelhaft gibt es auch andere, weniger grausame Formen der Jungtierhaltung, doch diese sind leider die große Ausnahme.

Die Mastzeit eines Hühnchens oder Hähnchens beträgt heute maximal sechs Wochen, während der ihm das Sättigungsgefühl weggezüchtet wird, so daß es fast ununterbrochen frißt und sein Körpergewicht um das 30-fache vergrößert. Ein Kalb wird nach drei Monaten geschlachtet, und ein Schwein wird im Alter von einem halben Jahr in den Schlachthof verfrachtet. Alle diese Tiere hätten eine naturgegebene Lebenserwartung von rund 20-25 Jahren.

Einen anderen, nicht minder grausamen Leidensweg haben die sogenannten «Gebrauchslegeküken», die in speziellen Betrieben eigens für die Eierproduktion gezüchtet werden: Da neben den weiblichen Tieren natürlich auch männliche schlüpfen, endet für diese Küken das Leben schon, bevor es richtig begonnen hat. Sie sind für die Eierindustrie unbrauchbar und werden an Ort und Stelle vergast oder bei lebendigem (!) Leib geschreddert – in Deutschland sind dies jährlich 20 Millionen männliche Küken.

Die Tiertransporte vom Mastbetrieb zum Schlachthof sind ebenfalls gekennzeichnet von einer ungeheuren Brutalität, wie Dokumentationen immer wieder enthüllen. Oft kommen die Tiere mit gebrochenen Hüften oder Beinen, mit abgerissenen, blutenden Hörnern, vor Schmerz, Durst, Hunger und Angst halb wahnsinnig im Schlachthof an, um dort aus den Lastwagen gezerrt und geprügelt zu werden. Viele überleben diesen qualvollen Transport nicht. So kommen in deutschen Schlachthöfen jährlich 300 000 bis 400 000 Schweine tot an und werden in der Folge zu Tierkörpermehl verarbeitet, das ihren Artgenossen dann als Futter vorgesetzt wird.

Auch die Tierschlachtungen selbst sind alles andere als «human». In Wahrheit machen die Schlachthäuser Höllenvisionen Konkurrenz: Schreiende Kälber, Rinder und Schweine werden durch Hammerschläge, Elektroschocks oder Bolzenschußwaffen betäubt. Mit einem Haken werden sie an den Hinterbeinen in die Luft gezogen und auf vollautomatischen Fließbandanlagen durch Fabriken des Todes befördert. Bei bis zu 1500 Schweinen pro Stunde haben die sogenannten «Stecher» oft nur zwei Sekunden Zeit, dem Tier den Todesstich ins Herz oder in die Hauptschlagader zu versetzen. Kühen werden bei lebendigem Leibe die Kehle aufgeschnitten, und die Verarbeitung beginnt oft schon, während das Herz noch schlägt und das Ausbluten der Tiere unterstützt. Diese grausame Methode spart Zeit und erhöht somit die Gewinne.

Genauso fabrikhaft wird mit den «Gebrauchslegehühnern» verfahren. Nach fünfzehn Monaten in Massenhaltung zwecks «Produktion» von Eiern kommen auch sie ins Schlachthaus. Diejenigen Hühner, die den Transport überleben, werden dort lebend ans Fließband gehängt und dann entweder durch Stromschlag getötet oder dadurch, daß man sie maschinell köpft. In einem einzigen Großschlachthof werden auf diese Weise täglich bis zu 50 000 Hühner geschlachtet.

Laut einer vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Studie (2008) stammen insgesamt 98% des in Deutschland verkauften Fleisches aus solchen Mast- und Tötungsfabriken.

Wer sich ausführlicher mit diesen Themen beschäftigen möchte, den verweisen wir auf entsprechende Tierhaltungs- und Schlachthof-Videos im Internet sowie auf den Bestseller Tiere essen von Jonathan Safran Foer, der 2010 weltweit für Aufsehen gesorgt hat. Das Buch ist ein Plädoyer für ethisches Handeln beim Essen und bietet eine Vielzahl an Fakten, Undercover-Reportagen und Interviews mit Viehzüchtern, Schlachthofmitarbeitern und Fleischproduzenten. Foer schreibt: «Unsere Nahrung besteht aus Leiden. Wenn man uns anbietet, uns einen Film darüber zu zeigen, woher unser Fleisch kommt, wissen wir, dass es ein Horrorfilm sein wird. Wir wissen vielleicht mehr, als wir zugeben, und schieben das in den hintersten Winkel unseres Bewusstseins – wir wollen damit nichts zu tun haben. Wenn wir Fleisch aus Massentierhaltung essen, leben wir buchstäblich von gefoltertem Fleisch. Und dieses gefolterte Fleisch wird zunehmend unser eigenes.» (S. 166)

«Kühe interagieren […] mit einer komplexen sozialen Dynamik, einschließlich Freundschaften, die sich mit der Zeit bilden. Aber Kühe weisen nicht nur eine ausgeprägte Persönlichkeit auf, sie verfügen auch über ein Langzeitgedächtnis und eine Vielzahl an Emotionen.»

«Die Forschung hat gezeigt, daß Hühner in mancher Hinsicht geschickter als Hunde, Katzen und sogar als einige Primaten sind. Sie können sogar besser rechnen als diese, wie eine Studie von 2009 belegt.»

«Schweine sind klüger als Hunde und genauso freundlich, loyal und mitfühlend. In einer natürlichen Umgebung, also nicht in der Intensivhaltung, sind sie sozial, verspielt und beschützend, gehen Beziehungen miteinander ein, träumen und erkennen ihre Namen.»

[Quelle: Vegetarisches Starter Kit von PETA]

Genau wie für den Menschen ist auch für das Tier das Ermordetwerden eine Erfahrung von Schrecken und Panik, was im Körper schlagartig einen drastischen biochemischen Wandel auslöst, wodurch der ganze Körper mit Angsthormonen vergiftet wird. Der namhafte Tierschützer und Ökologe Franz Weber erklärte in einer Radiosendung: «Nehmen wir das Beispiel von Hamburg, wo Menschen Vergiftungen erlitten, als sie Thunfisch aus der Büchse aßen. Warum? Der Thunfisch wurde lebendig zersägt, und die gefangenen Fische hatten eine solch unglaubliche Angst, daß sie ein Gift ausschieden, das in das Fleisch einging. Das war schon den alten Römern bekannt. Um ein bestimmtes Gift zu bekommen, haben sie Sklaven zu Tode gefoltert, und mit dem Speichel dieser Toten konnte man andere vergiften. Die Todesangst geht also ins Gewebe ein und wird vom Menschen mitgegessen.»

Aus genau diesem Grund ist auch «Bio-Fleisch» und «Weidefleisch» von angeblich glücklichen Schlachttieren, die zu Lebzeiten Auslauf im Sonnenlicht hatten, keine wirkliche Alternative, obwohl diese Art der Tierhaltung selbstverständlich viel artgerechter ist als die üblichen Tierfabriken. Aber auch ein «glückliches» Tier erfährt, wenn es geschlachtet wird, Todesangst. Ein Tier aus biologischer Haltung muß ebenfalls zur Schlachtbank geführt und getötet werden, damit man an sein Fleisch kommt. Die Produktion von Bio-Fleisch ist also widersprüchlich: Einerseits will man die Tiere als Lebewesen respektieren und gewährt ihnen deshalb angenehme Lebensbedingungen, aber andererseits schlachtet man sie schließlich dennoch und ißt sie auf.

Das einzig «natürliche» Fleisch wäre demnach das Fleisch eines natürlich gestorbenen Tieres. Oder, in Ergänzung eines bekannten Werbeslogans der Fleischindustrie: «Fleisch ist ein Stück Lebenskraft» – doch nur solange es lebt!

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Warum Vegetarier keine Fische essen

Für Menschen, die sich weitgehend vegetarisch ernähren, aber ab und zu auch Fisch essen, wurde in den letzten Jahren der Begriff «Pescetarier» (von lat. piscis, «Fisch») oder «Pesco-Vegetarier» geprägt. Meistens werden für das gelegentliche Essen von Fisch gesundheitliche Gründe angeführt, da Fisch weithin als wertvolles, erstens gesundes und zweitens leichtes Nahrungsmittel sowie überdies als wichtiger Lieferant beispielsweise von lebensnotwendigen Omega-3-Fettsäuren gilt. Ebenso ist die Meinung verbreitet, Fische seien weniger intelligent und weniger fühlend als warmblütige Tiere.

Zum ersten Argument: Wie gesund ist Fisch tatsächlich? Die meisten Fische sind mittlerweile erheblich mit hochgiftigen Schwermetallen belastet. Untersuchungen der US-Umweltschutzbehörde EPA zeigten, daß Frauen, die zweimal pro Woche Fisch aßen, eine siebenfach höhere Quecksilberkonzentration im Blut hatten als Frauen, die sich rein vegetarisch ernährten. Solche hohen Werte sind problematisch, da Quecksilber das Gehirn schädigt und bei menschlichen Föten etliche Entwicklungsschäden verursachen kann. Die Frauen, die eine Dose Thunfisch pro Woche verzehrten, lagen bereits 30% über der von der EPA angegebenen Höchstgrenze eines unbedenklichen Quecksilberwertes.

Zum zweiten Argument: Fische bestehen hauptsächlich aus Fett und Protein, sind also keineswegs eine «leichte Mahlzeit», wie immer wieder behauptet wird. Ihr Fettgehalt kann bis zu 60% betragen, und sie weisen zudem höhere Mengen an belastendem Cholesterin auf.

Und was die vielzitierten Omega-3-Fettsäuren betrifft, so klärt die Europäische Vegetarier-Union im März 2006 auf: «Nachdem Ernährungswissenschaftler und Regierungsstellen jahrzehntelang die Verbraucher bedrängten, Fische zu essen oder eine der Bestseller-Pillen, die Omega-3-Fettsäuren enthalten, zu schlucken, sind nun ernsthafte Zweifel am wissenschaftlichen Wert dieser Empfehlungen aufgetreten. Britische Wissenschaftler, die in einer Studie den Einfluß der Omega-3-Fettsäuren auf Herzkrankheiten, Lebenserwartung, Krebs und Schlaganfall untersuchten, stellen die seit langem vermarkteten gesundheitlichen Vorteile in Frage. Eine gründliche Analyse ergab dabei, daß Omega-3 zu keiner Verringerung der Gesamtsterblichkeit, der Krebsrate oder der Herzkrankheiten führt.»

Der österreichisch-tschechische Schriftsteller Franz Kafka (1883-1924) bemerkte einst beim Anblick von Fischen in einem Aquarium: «Nun kann ich euch in Frieden betrachten; ich esse euch nicht mehr.»

Zum Argument, Fische seien weniger intelligente und weniger fühlende Tiere, schreibt Jonathan Safran Foer in dem bereits erwähnten Bestseller Tiere essen: «Fische bauen komplexe Nester, gehen monogame Beziehungen ein, jagen zusammen mit anderen Arten und benutzen Hilfsmittel. Sie erkennen einander als Individuen (und merken sich, wem zu trauen ist und wem nicht). Sie treffen individuelle Entscheidungen, kennen Sozialprestige und kämpfen um eine bessere soziale Stellung […]. Sie haben ein bedeutendes Langzeitgedächtnis, sind versiert darin, Wissen innerhalb sozialer Netzwerke zu vermitteln, und können Informationen über Generationen hinweg weitergeben.» (Foer, S. 73)

Betreffend die Behauptung, Fische seien weniger schmerzempfindlich als warmblütige Tiere, berichtet PETA auf ihrer Internetseite: «Wissenschaftliche Studien haben nun auch die letzten Zweifel ausgeräumt und zeigen, daß Fische ebenso starke Schmerzen empfinden können wie Säugetiere. Dies bestätigen die neuesten Forschungsergebnisse. […] Obwohl Fische nicht schreien, wenn sie Schmerzen und Angst haben, sollte ihr Verhalten Beweis genug für ihr Leid sein, wenn sie mit dem Haken aufgespießt oder im Netz gefangen werden. Sie kämpfen, um zu fliehen, und zeigen damit, daß sie einen Überlebenswillen haben.»

Prof. Donald Broom, Tierschutzberater der Britischen Regierung, bestätigt ebenfalls: «Anatomisch, physiologisch und biologisch gesehen ist das Schmerzsystem bei Fischen praktisch dasselbe wie bei Vögeln und Säugetieren.» Dennoch ist es von der Gesetzgebung her erlaubt, Fische ohne jegliche Betäubung zu töten, was bei allen anderen «Nutztieren» längst verboten ist.

Darüber hinaus hat die moderne Massenfischerei nichts gemein mit dem Klischee von friedlichen Anglern an einsamen Seen bei Sonnenuntergang, sondern ist ein großangelegtes, brutales und knallhartes Tötungsgeschäft: «Forscher vom Fisheries Centre der University of British Columbia behaupten, daß ‹unser Umgehen mit Fischereiressourcen (auch Fisch genannt) inzwischen einem Vernichtungskrieg gleicht›. […] In der Fischerei wird buchstäblich und systematisch Kriegstechnologie eingesetzt: Radar, Echolote (früher zur Lokalisierung feindlicher U-Boote), für die Navy entwickelte elektronische Navigationssysteme und seit den 1990er-Jahren satellitengestützte GPS, die Fischern noch nie dagewesene Möglichkeiten bieten, Fisch-Hotspots ausfindig zu machen und abzufischen.» (Foer, S. 45, 47)

Bei diesem «Abfischen» fällt, was oft verschwiegen wird, eine Unmenge an «Abfall» an. So werden von einem durchschnittlicher Garnelenkutter 80–90% der gefangenen Meerestiere tot oder sterbend wieder über Bord geworfen, wobei dieser «Beifang» zu einem großen Teil aus gefährdeten Arten besteht.

Weil der Fischbestand aufgrund der Massenfischerei in vielen Meeresregionen bereits auf 10% der ursprünglichen Zahlen reduziert worden ist (die verheerenden Folgen von Ölkatastrophen noch nicht mitgerechnet), hat die Fleischindustrie bereits eine Multi-Milliarden-Dollar-Alternative aufgebaut: kommerzielle Fischfarmen, sogenannte «Aquakulturen».

Was sich hinter dem schön klingenden Begriff «Aquakultur» verbirgt, unterscheidet sich allerdings in nichts von der bekannten Massentierhaltung und den damit einhergehenden Mißständen: riesige Tanks in Stahlgebäuden oder Käfige im Meer; Fische, die sich darin kaum bewegen können und sich verletzen; ständig drohende Krankheiten, was den Einsatz von Antibiotika und anderen Chemikalien erforderlich macht, und schließlich der qualvolle Tod, wenn die Fische bei lebendigem Leib aufgeschlitzt werden oder ersticken, weil ihnen das Wasser entzogen wird.

Manche Fischarten, wie beispielsweise der Einzelgänger Lachs, sind es nicht gewohnt, in engem Raum mit anderen Artgenossen zu leben. Deshalb ist in Lachs-Aquakulturen ein besonders hoher Einsatz von Medikamenten erforderlich. Damit das Fleisch trotz des immensen Stresses, den der Lachs erleidet, immer noch rosa aussieht, werden überdies vielerorts Farbstoffe ins Futter gemischt. Und: Da sich viele Fischfarmen aus Kostengründen in Käfigen im Meer befinden, werden die eingesetzten Medikamente und Antibiotika auch noch direkt in die Umwelt geleitet, da dort verständlicherweise Kläranlagen unmöglich sind.

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«Appetit vergangen! – Schluß mit der Fleischeslust?»

Dies war der Titel einer vielbeachteten Diskussion in der Talkshow von Maybrit Illner im ZDF, die am 20. Januar 2011 live aus Berlin ausgestrahlt wurde. Anlaß war der aktuelle Dioxin-Skandal. Ein Millionenpublikum wurde mit folgenden Fakten konfrontiert: «Alltagsekel im Kühlregal […] mit immer neuen Widerlichkeiten: 1997 der BSE-Skandal […]; 2006 der Gammelfleisch-Skandal (‹Mief-Beef›) […]: 20 000 Menschen erkrankten allein in Deutschland wegen des Verzehrs von abgelaufenem und gammeligem Fleisch; 2008 der Gammelkäse-Skandal: Italiens Mozarella-Mafia nimmt es bei der Käseproduktion mit den Zutaten nicht ganz so genau, neben guter Milch werden auch Mäusekot und abgelaufene Käsereste mit verarbeitet […] 2011 der Dioxin-Skandal: Belastete Eier und Fleischwaren gelangten in den Handel. Gifteier, Schimmelkäse, Gammelwurst, BSE-Schinken …»

Und die Moderatorin stellte gleich zu Beginn die entscheidenden Fragen: «Sollten wir am besten ganz auf Fleisch verzichten? An guten Absichten fehlt es uns nicht, aber der Weg zur gesunden Ernährung endet halt doch viel zu oft an der Würstchenbude. […] Oder sollten wir doch unser Leben ändern?»

Die Meinungen in der Diskussionsrunde gingen natürlich auseinander. Es wurde sogar gefragt: Brauchen wir eine Zusatzsteuer auf Fleisch wie auf Tabakwaren? Brauchen wir weitere Einschränkungen für die Fleischproduktion?

Wir sind der Ansicht, daß das einzig wirklich Notwendige in dieser Thematik eine sachliche Information ist. Wenn die Menschen über all die problematischen Punkte offen informiert würden, die hier in den ersten drei Kapiteln zusammengefaßt sind, würde ein grundlegendes Umdenken beginnen, das weit über die ichbezogenen Fragen («Ist Fleisch gesund oder nicht?», «Wie können wir Fleisch mit möglichst geringen Umweltschädigungen ‹produzieren›?») hinausgeht. Es kämen auch die Fragen der Ethik, der menschlichen Verantwortung und der Kausalgesetze hinzu – und diese führen uns zu den zeitlosen, immer aktuellen Aspekten des Themas «Vegetarisch leben».

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